Die Rückkehr des Marschalls: Ein imposantes Gemälde findet Heimat in Pullach

„Ich werde bitten, dass man sich an den Premierminister Montgelas wendet, der mir immer seine Verbundenheit gezeigt hat, um meine Ankunft zu melden und zu bitten, dass ich vom König die Erlaubnis erhalte, mich in seinem Staate aufzuhalten.“ – So beschrieb der französische Marschall Drouet d´Erlon, General von Napolens Gnaden, sein „Vorgehen“, als er als Exilant aus Frankreich in Bayern angekommen war, zu lesen in den Memoiren über sein „Leben als Soldat“, 1844. Von einem „Vormarsch“ war jetzt, 1816, keine Spur mehr. Nicht mehr zu sehen war der Mann, der 1792 als Freiwilliger in die französische Armee eingetreten war und bereits 1799 als Brigadegeneral, seit 1803 als Divisionsgeneral, Truppen nach Bayern führte, mitwirkte, die Preußen bei Jena/Auerstedt und Friedland in Ostpreußen zu schlagen (1806/07), die Tiroler zu unterwerfen (1809) und jahrelang für französische Belange auf der iberischen Halbinsel kämpfte. Nach der Schlacht von Waterloo (1815), in der er den Oberbefehl über das erste Corps hatte und den Hauptangriff führte, und nach seiner Niederlage und Ächtung als General Napoleons hatte er zu fliehen und um einen sicheren Platz für seinen Verbleib zu bitten.

Das überlebensgroße Ölgemälde des Marschalls Drouet d´Erlon, von Benoit Charles Mitoire

Diesen gewährte man ihm aus der erwähnten Verbundenheit in Bayern, wo er zunächst für etwa ein halbes Jahr in der Gegend von Bayreuth lebte und von 1816 – 1834 Besitzer des Gutes Hesselohe war, wo er auch bis 1825 lebte. „Man beschloss, dass ich den Namen Baron Schmid trüge“, merkte er in seinen Memoiren an, denn natürlich bewirkten die verhängte Acht und Verurteilung, dass man ihn weiterhin suchte.

Zu verstecken und zu verbergen reichte da nicht aus – er erhielt von Staats wegen eine neue Identität – und füllte diese vollends so aus, dass man in ihm kaum mehr einen General vermuten konnte oder wollte: als Besitzer des Gutes, das er am 08.08.1816 für 18.000 Gulden erwarb und für das er den Erlös seines eigenen Gutes in Erlon/Frankreich einsetzte, nahm er sich umfangreiche Neuerungen in der Gutswirtschaft vor, vor allem die Errichtung einer Brauerei und einer Gastwirtschaft (heutige Waldwirtschaft). Er kann daher als einer der Gründerväter des heutigen Ortsteiles Großhesselohe gelten.

Für die Gemeinde Pullach war es ein großer Glücksfall, als über jenen Drouet d´Erlon 2018 berichtet wurde, er sei wiederum ohne Obdach und wolle zurückkehren nach Pullach: es sei ein überlebensgroßes Abbild des Marschalls, ein wertvolles Ölgemälde von Benoit Charles Mitoire, prächtig eingerahmt, bei der Familie von Hunoltstein in Feldafing bei Starnberg anzusehen und nach Pullach zu übernehmen, „…auf dass der Marschall dort, wo er hingehöre und so erfolgreich gewirkt habe, sein Zuhause finde“, so Irmgard von Hunoltstein, die Eigentümerin.

Foto: Gemeinde Pullach; v.l.n.r: Udo von Hunoltstein, Erste Bürgermeisterin Susann Tausendfreund und die großzügige Schenkerin des imposanten Gemäldes, Irmgard von Hunoltstein.

Für jeden Betrachter war und ist das Bild des Marschalls beeindruckend, seine „Aura“ regelrecht erhebend. Die unglaublichen Maße von 1,38 x 2,48 m (ohne Rahmen) ließen allerdings große Probleme bei Transport und Restaurierung erwarten, die aber letztendlich glücklich gelöst werden konnten. Als es im Frühjahr 2022 aus einer Münchener Restaurierungswerkstatt nach Pullach zurückkehrte und im Bürgerhaus, in einem Raum mit ausreichend hohen Decken, das Zusammensetzen des Rahmens und das Einfügen der Leinwand erfolgte, war das ein Erlebnis: das Bild zeigt nun, dass der Marschall nicht an einem ruhigen Ort lebensgroß porträtiert worden war, sondern, dass er „in Aktion“ gezeigt wird: in einer Schlacht, wenige Dutzend Meter vor Soldaten, die einen Berg hinaufstürmen und bereits das Feuer eröffnen. Ein Feldherr auf seinem Hügel, oberhalb der Schlacht, strahlende Farben, ein Bild mit Weitsicht.

Zu einem späten Dank – nach Pandemie und Restaurierung – hat die Bürgermeisterin, Susanna Tausendfreund, die Schenker, Irmgard von Hunoltstein und ihren Sohn, den Starnberger Amtsrichter Udo von Hunoltstein, Konrad Zumschlinge, und zwei Mitglieder des Pullacher Geschichtsforums, Frau Angelika Bahl-Benker und Wolfgang Haas, zu einer Besichtigung in das Pullacher Bürgerhaus eingeladen. Es war, als seien alle gekommen, um dem zeitweise heimatlosen französischen Marschall zu seiner neuen Unterkunft zu gratulieren, ihn zu seinem strahlenden Aussehen zu beglückwünschen und sich des Gefühls zu freuen, das Gemälde und der Portraitierte haben nun wirklich den Platz gefunden, wo sie hingehören.

Christian Sachse
Gemeindearchivar

07.02.2024