Preis für Pullacher Geschichtenerzähler

Die Tage werden kürzer, und die anstehende Zeitumstellung lässt es noch früher dunkel werden. Der Abschied vom Sommer fällt auch mir jedes Mal schwer, doch der frühe Einbruch der Dunkelheit hat auch sein Gutes: Er schafft die richtige Kulisse für die Martinsumzüge, die in wenigen Wochen wieder stattfinden, – oder auch für die „Märchenrunde zur Dämmerstunde“, die eine echte Institution bei uns in Pullach ist.

Seit 2003 laden Hedwig Rost und Jörg Baesecke im Winterhalbjahr zu ihren gemütlichen Erzählstunden mit unbekannten und ungewöhnlichen Märchen aus aller Welt ins Bürgerhaus ein. Ihre Geschichten lesen die beiden nicht vom Blatt, sondern sprechen frei – und verleihen ihnen so eine besondere Lebendigkeit. Auch deshalb ist die „Märchenrunde zur Dämmerstunde“ bei Besucherinnen und Besuchern jeden Alters so beliebt. Am Mittwoch, den 31. Oktober, sind Kinder ab fünf Jahren, Eltern, Großeltern und alle anderen, die gerne Geschichten hören, um 16.30 Uhr wieder zum Märchen-Lauschen eingeladen.

Das „Dämmerstunde“-Jubiläum ist aber nicht das Einzige, wozu ich Jörg Baesecke und Hedwig Rost heute gratulieren möchte. Seit den frühen Achtzigern betreiben die beiden ihr Koffertheater, genannt die „Kleinste Bühne der Welt“, und feiern im Dezember den 35. Geburtstag dieser besonderen Idee. Um das Publikum in seinen Bann zu ziehen, braucht das Paar, das seit 1993 in Pullach lebt, nicht viel: eine Schere, eine Küchenrolle, einen Faden. Aus diesen Alltagsgegenständen „basteln“ Hedwig Rost und Jörg Baesecke im wahrsten Sinne des Wortes neue Welten.
Am häufigsten verwenden sie fürs Theaterspielen Papier – und „arbeiten“ während der Erzählungen damit. Falten, reißen, schneiden oder zeichnen – all dies sind Möglichkeiten, um das Bühnenbild zu verändern und die Geschichten lebendig zu machen.

Die Süddeutsche Zeitung hat die Theatermacher in diesem Jahr mit dem Tassilo-Kulturpreis geehrt. Die „Kleinste Bühne der Welt“ war der Jury den „Ehrenpreis“ wert. Dazu gratuliere ich heute noch einmal ganz herzlich! Und mittlerweile, so hat mir Jörg Baesecke erzählt, hat auch schon das Stadtmuseum angefragt, ob es das preisgekrönte und viel bespielte „Koffertheater“ nicht in seiner Figurentheatersammlung ausstellen dürfe. Neben der „Kleinsten Bühne der Welt“ war auch die Schauburg, das Kinder- und Jugendtheater in München, für längere Zeit die künstlerische Heimat von Jörg Baesecke und Hedwig Rost. Dort entstanden in Kooperation acht Produktionen.

Inzwischen zählen die beiden mehr als 100 Stücke zwischen zwei und 20 Minuten zu ihrem Repertoire. Darunter hauptsächlich Stoffe aus der mündlichen Tradition, Volkserzählungen, Märchen und Sagen. „Denn Erzählen macht Sinn“, betont das Künstler-Paar auf seiner Webseite. „Die mündlich überlieferten Stoffe verbinden Erzähler wie Hörer mit vorangegangenen Generationen, gewähren Einblick in andere Kulturen und schaffen Orientierung in einer oft als unübersichtlich empfundenen Welt.“ Die Mittel, um dorthin zu gelangen, können ganz einfach sein, wie uns Hedwig Rost und Jörg Baesecke immer wieder beweisen. Das Einzige, was wir selbst investieren müssen, sind ein offener Geist und ein wenig Zeit.

Ich wünsche Ihnen, liebe Pullacherinnen und Pullacher, dass Sie die Herbst- und Winterabende dafür nutzen, sich diese Zeit zu nehmen – entweder für besondere Geschichten oder für andere schöne Dinge, die Ihnen wichtig sind.

Es grüßt Sie herzlich

Ihre
Susanna Tausendfreund
Erste Bürgermeisterin

25.10.2018

Termine „Märchenrunde zur Dämmerstunde“, jeweils 16.30 Uhr im Bürgerhaus.
31. Oktober 2018
13. Dezember 2018
14. Februar 2019

Kein Vorverkauf. Eintritt: Kinder: 4 Euro, Erwachsene: 6 Euro

Das Foto (privat) zeigt Hedwig Rost und Jörg Baesecke bei der Verleihung des Tassilo-Kulturpreises im Frühjahr.