Gemeinderatssitzung vom 25. April 2023

2019 hat das Pullacher Unternehmen United Initiators vier Bauanträge nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz im Rahmen des Projekts „Big Wings“ mit dem Ziel einer Verbesserung der Logistikabläufe auf dem Werksgelände beim Landratsamt München eingereicht. Diesen Einzelanträgen hat die Gemeinde Pullach ihr Einvernehmen verweigert, obwohl die erforderlichen Befreiungen möglich gewesen wären. Stattdessen hat der Gemeinderat das Verfahren für einen neuen Bebauungsplan eingeleitet, um von der Firma ein Gesamtkonzept einzufordern und den Rahmen für die zukünftige Entwicklung auf dem gesamten Firmengelände vorzugeben. Baurecht über den bisherigen Bestand hinaus gab es bereits seit 1995, mit einer Änderung in einem Teilbereich 2003. Alle weiteren Planungen mussten also das vorhandene Baurecht berücksichtigen.

Von Anfang an wurde die Ausübung der gemeindlichen Planungshoheit darauf aufgebaut, dass keine Erhöhungen über das bisherige Baurecht hinaus erfolgen. Für die Gemeinde wichtige Punkte, die nicht im Bebauungsplanverfahren selbst festgelegt werden konnten, wurden parallel zum Verfahren in einem „Städtebaulichen Vertrag“ und einer „Grundvereinbarung“ geregelt. Die Vertragswerke umfassen unter anderem Themen wie den Erwerb der Gemeinbedarfsflächen für einen größeren Wertstoffhof und den „Isartaler Tisch“, Sicherung von Flächen für eine Energiezentrale für die Geothermieversorgung mit Wärme und Kälte, Regelungen zum Natur-, Arten- und Klimaschutz, Lagermengenbeschränkungen und die Werkswohnungen, auch zur Sicherung der Werksfeuerwehr.

Das Bauleitplanverfahren wurde zu jedem Zeitpunkt mit größtmöglicher Transparenz durchgeführt und entsprach den Vorgaben des Baugesetzbuches (BauGB). Die Verwaltung hat die Öffentlichkeit neben den vorgeschriebenen Verfahrensschritten der frühzeitigen Beteiligung und zwei öffentlichen Auslegungen in zusätzlichen Informationsveranstaltungen beteiligt. Auf der Website der Gemeinde Pullach waren zu jedem Zeitpunkt alle wesentlichen Informationen bereitgestellt. In den öffentlichen Gemeinderatssitzungen wurden die Fakten wiederholt dargelegt und erläutert.

Leider waren die Bürgerinnen und Bürger im öffentlichen Diskurs immer wieder mit falschen Behauptungen und Irreführungen konfrontiert, die selbst nach der jüngsten Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (VGH) fortgesetzt in Umlauf gebracht wurden. Auf diesen Behauptungen basierend wurden zwei Bürgerbegehren initiiert, die von den zuständigen Verwaltungsgerichten in beiden Instanzen für unzulässig erachtet worden sind.

Für eine Bürgerbeteiligung war die Gemeinde dennoch offen. Der Termin für einen Bürgerentscheid im Oktober 2022 stand bereits fest. Obwohl auch beim zweiten Bürgerbegehren vom Juli 2022 die Zulässigkeit von Anfang an zweifelhaft war, hat der Gemeinderat dieses zunächst zugelassen, um den Bürgerwillen zu diesem kontrovers diskutierten Thema zu berücksichtigen. Dem Bürgerbegehren wollte der Gemeinderat allerdings ein Ratsbegehren gegenüberstellen. So sollte sichergestellt werden, dass die Bürgerinnen und Bürger ihre Entscheidung über die komplexe Materie gut informiert hätten treffen und die unterschiedlichen Positionen gegeneinander abwägen können. Dieses Ratsbegehren wollten die Vertreter des Bürgerbegehrens allerdings durch einen Antrag beim Verwaltungsgericht blockieren. Der Gemeinde hätte untersagt werden sollen, das Ratsbegehren zur Bauleitplanung weiter zu betreiben.

Eine gleichzeitige Durchführung der Abstimmungen über das Bürgerbegehren und das Ratsbegehren war also nicht mehr möglich. Zudem wurde nun höchstrichterlich bestätigt, dass auch das zweite Bürgerbegehren unzulässig ist und daher – auch bei wohlwollender Betrachtung – nicht zugelassen werden durfte. Die Gemeinde musste den Beschluss zur Zulassung also rückgängig machen, so wie es im Ferienausschuss im August 2022 auch geschehen ist.

Der VGH kommt in seiner aktuellen Entscheidung vom 29. März 2023 auch zu der Überzeugung, dass die Klage in der Hauptsache mit hinreichender Sicherheit erfolglos bleiben wird, weil die Unterschriftsleistenden durch den mit den Unterschriftlisten vorgelegten Begründungstext in wesentlichen Punkten in die Irre geführt wurden (Entscheidung des VGH).

In seiner Sitzung am 25. April 2023 hat der Gemeinderat das Verfahren nach dreieinhalb Jahren nun zum Abschluss gebracht. Vor der Sitzung sind eine Petition auf Durchführung eines Bürgerentscheids sowie ein Antrag der Agenda 21 auf Verschiebung des Satzungsbeschlusses zum Bauleitplanverfahren bis zur endgültigen gerichtlichen Entscheidung im Hauptsache-Klageverfahren eingegangen. Beide Anträge wurden vom Gemeinderat vorab beraten und abgelehnt. Anschließend hat das Gremium den Satzungsbeschluss nach § 10 Abs. 1 BauGB zur Neuaufstellung des Bebauungsplanes Nr. 23 b “Industriegebiet Dr.-Gustav-Adolph-Straße” gefasst und den dazugehörigen Feststellungsbeschluss zur Änderung des Flächennutzungsplanes für dieses Gebiet getroffen. Für die Mehrheit des Gremiums haben die Vorteile, die die im Verfahren erarbeitete Neuordnung des Baurechts samt Ausgleichsflächen mit sich bringen, deutlich gegenüber den Regelungen der bisher gültigen Bebauungspläne überwogen. Als wichtige Eckpunkte sind hierbei insbesondere die Sicherung der Flächen für eine Energiezentrale und die Gemeinbedarfsflächen für den Isartaler Tisch und einen größeren Wertstoffhof zu nennen. Wie vom VGH bestätigt, liegt eine Baurechtsmehrung für den Chemiebetrieb gegenüber dem alten Baurecht nicht vor.

Gemeinde Pullach i. Isartal

27.04.2023