Zum Zeitpunkt des Ankaufes unseres neuen Hang- und Schluchtwaldes im Jahr 2019 war das alte Forstbetriebsgutachten gerade abgelaufen. Insofern war der Moment günstig, für unseren gesamten Waldbestand eine Inventur durchzuführen. Daher wurde 2020 ein externer Gutachter bestellt, der unseren Wald bewertet und interessante Fakten offengelegt hat.
Jetzt wissen wir beispielsweise, dass wir genau 74,5861 Hektar (ha) Forstbetriebsfläche besitzen, unterteilt in etwa 68 ha Holzboden und etwa 5 ha Nichtholzboden. Nichtholzboden – das sind alles Flächen mit einer hohen ökologischen Bedeutung, wie beispielsweise Wiesen und andere Freiflächen, die auch in unserem Biotopverbund unverzichtbar sind. Interessant ist auch zu wissen, dass wir auf die gesamte Waldfläche einen Holzvorrat von 15.769 Festmetern Holz besitzen. Daraus lässt sich unser ungefährer Kohlenstoffspeicher errechnen: Mit unserer Waldfläche haben wir schon ungefähr 4.730 Tonnen (t) Kohlenstoff im Holz gespeichert und dadurch etwa 14.200 t CO2 aus der Luft entnommen. Eine beeindruckende Zahl! Dieser steht ein Pro-Kopf-Verbrauch von rund 11 t CO2 pro Jahr entgegen.
Was bedeutet das jetzt für die Bewirtschaftung unserer Wälder, werden Sie sich vielleicht fragen. Man erkennt, dass der Wald als sogenannte „CO2-Senke“ einen kleinen, nicht alleinigen, aber umso wichtigeren Beitrag gegen die Klimaerwärmung leisten kann. Der laufende Zuwachs an Holz, also das, was jedes Jahr an neuer Holzmaße über den gesamten Waldbestand dazu kommt, beträgt in etwa 488 Festmeter. Wieder umgerechnet ergibt sich daraus eine CO2-Speicherung von ca. 439 t pro Jahr durch unseren Wald.
Vorgabe des Forstbetriebsgutachtens ist, dass dem Wald über alle Bestände hinweg insgesamt diese knapp 500 Erntefestmeter Holzmasse pro Jahr entnommen – also gefällt – werden müssen. Etwa die Hälfte davon kann als Stammware verkauft werden. Bei der aktuell angespannten Marktlage könnten wir damit einen Gewinn von knapp 5.000 € erwirtschaften. Die Alternative wäre ein sogenannter Naturwald. In Naturwaldreservaten finden grundsätzlich weder Bewirtschaftung noch Holzentnahmen statt. Eine durch menschliche Eingriffe ungestörte Entwicklung wird ermöglicht und die Ursprünglichkeit eines Waldes, der in Ruhe gelassen wird, erhalten. Weil kein Holz entnommen wird, aber immer neues hinzukommt, kann sich jährlich etwa die doppelte Menge an CO2 anreichern wie in einem bewirtschafteten Wald – ein wichtiger Beitrag zur Erreichung der gemeindlichen Klimaziele bis 2030. Die Anreicherung von Totholz und starken Altbäumen bietet zudem Lebensräume für viele Tierarten. Auch für den Mensch ist der Erholungsfaktor naturnaher Wälder aufgrund ihrer Ursprünglichkeit viel höher, als in bewirtschafteten Waldgebieten, sie dienen dem Naturerleben der Bürgerinnen und Bürger. Den entgangenen Gewinn könnten wir durch staatliche Förderungen ausgleichen.
Diesen Weg will ich mit unserem Pullacher Gemeindewald gehen. Durch einen staatlich genehmigten Nutzungsverzicht soll er im Laufe der Zeit in einen urwaldähnlichen Zustand mit einem hohen Anteil an starken Altbäumen und Totholz überführt werden.
Am 24. November werden wir die Überlegungen der Verwaltung zum naturnahen Wald in der öffentlichen Sitzung des Umwelt- und Mobilitätsausschusses diskutieren. Die Gemeindeverwaltung wird die Einrichtung eines Naturwaldreservates im Gemeindewald als integralen Bestandteil des Klimaschutzkonzeptes vorschlagen.
Wenn unsere Anstrengungen erfolgreich sind, könnten wir als erste Gemeinde Oberbayerns unseren Gemeindewald aus der Bewirtschaftung herausnehmen und – wie bereits beachtliche Anteile der staatlichen Waldfläche Bayerns – als Naturwaldreservat ausweisen. Ein Stück unberührte Waldnatur in Pullach, das ist mein Ziel.
Es grüßt Sie herzlich
Ihre Susanna Tausendfreund
Erste Bürgermeisterin
Foto: Oliver Rehbinder