Herzoghaus: Eine Fläche mit großem Potenzial wird frei

Vor allem diejenigen unter Ihnen, die noch „beim Herzog“ eingekauft haben, werden den bevorstehenden Abriss des „Herzoghauses“ mit einer Träne im Auge beobachten. Die Wohnungsbaugesellschaft hat als Eigentümerin bereits einen Bauzaun um die Bahnhofstraße 8 in der Ortsmitte aufstellen lassen und Bauarbeiter haben begonnen, das historische Gebäude abzutragen. Es tut mir selbst sehr Leid um das 130 Jahre alte Haus, aber es hilft leider alles nichts. Das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege hatte bereits 2014 den Vorschlag abgelehnt, das Herzoghaus als Denkmal zu erhalten. Es hieß, dass „nur mehr Reste von historischen Ausbauelementen“ vorhanden seien, das Haus sei nicht denkmalschutzwürdig.

Aber vielleicht können Sie sich damit trösten, dass diese Fläche nun im Zuge des Ortsentwicklungsplanes für eine Belebung unserer Ortsmitte genutzt werden kann. Das gesamte Bahnhofsareal mit dem Bahnhofsgebäude, den Parkplätzen, der Tiefgarage und der Wiese darüber bildet zusammen mit dem Grundstück in der Bahnhofstraße 8 eine Fläche, die ein großes Potenzial hat – wenn auch nicht unbedingt in naher Zukunft, da andere Projekte wie die Schulen und das Freizeitbad zuerst anstehen. Jedoch kann auf dem „Herzog-Grundstück“ auch vorab ein Teil eines Gesamtkonzeptes verwirklicht werden. Dafür können bereits ältere Planungsvarianten und Studien herangezogen werden, die seit 2011, unter anderem durch die Agenda21 und Architekten, entstanden sind.

Die Geschichte des Hauses beginnt um das Jahr 1888. Da wurde es als Alterswohnsitz des ehemaligen Gastwirts und Bürgermeisters Anton Köck im damals sehr beliebten „Schweizer Stil“ erbaut. Nach wenigen Jahre schon wurde es zur Bahnhofswirtschaft umgebaut. 1919, während der sogenannten Räteherrschaft, war die Bahnhofswirtschaft das Wachlokal des revolutionären Arbeiterrates in Pullach. 1925 dann wurde dort eine Filiale eines Münchner Konsumvereins eingerichtet. 1933 bis 1956 war in dem Gebäude eine Drogerie untergebracht, die von Rolf und Hannelore Herzog übernommen und zwei Jahre später um ein Reformhaus erweitert wurde. „Der Herzog von Pullach“, den viele von Ihnen kannten, stand noch mit 80 Jahren hinter der Ladentheke, und erst im Jahr 2001 wurde das Geschäft nach 45 Jahren – zwei Jahre nach seinem Tod – geschlossen.

Von 1996 bis 2005 war in einem kleinen Teil des Hauses noch eine Toto- und Lottoannahmestelle zu finden. Und kurzzeitig wurde nach Schließung der Drogerie in der Bahnhofstraße 8 das Obst- und Gemüsegeschäft Welzhofer betrieben. Die Wohnungsbaugesellschaft hat das Grundstück im Jahr 2005 erworben. Das Haus hätte noch eine Menge mehr zu erzählen. Mit seiner spannenden Geschichte hat sich auch unser Ortschronist Erwin Deprosse ausführlich befasst, der es natürlich besonders bedauert, dass das ortsbildprägende Gebäude nun abgerissen wird.

Der Dönerstand, der in letzter Zeit vor dem Herzoghaus stand, ist nun donnerstags ab 10 Uhr auf dem Wochenmarkt am Kirchplatz zu finden.

Es grüßt sie herzlich

Ihre
Susanna Tausendfreund
Erste Bürgermeisterin

18.10.2018