Bürgerinitiative “Schützt die Isarauen”

Es kursiert derzeit eine Unterlage mit Unterschriftenliste in Pullach, in der teilweise Sachverhalte dargestellt werden, die so nicht den Tatsachen entsprechen. Da hier u.a. mit dem Schutz der Isarauen und der Haselmaus an die Emotionen der Bürgerinnen und Bürger appelliert wird, bedarf es einer Klarstellung der Gemeinde Pullach i. Isartal.

Zu den Vorwürfen

“Schützt die Isarauen”

Hier wird behauptet, dass durch die Umbauplanungen von United Initiators und die Bauleitplanverfahren der Gemeinde die Isarauen tangiert und gefährdet werden. Dies ist falsch. Das Werk von United Initiators liegt circa 50 Meter oberhalb und circa 200 Meter westlich des Isarwerkkanals und der Isar. Die Isarauen, wie in der Unterlage suggeriert, sind durch das Vorhaben nicht berührt.

“Errichtung eines Logistiklagers”

Die Umbauplanungen des Unternehmens United Initiators sehen die Inanspruchnahme von seit 1995 bestehendem Baurecht im Bebauungsplan Nr. 23 „Industrie- und Gewerbegebiet westl. der Bahnlinie / südlich der Gustav-Adolph-Straße (Peroxid)“ vor.

Hier sollten 2019 in den festgesetzten Industriebauflächen (GI 13 und GI 17) Bauvorhaben nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz umgesetzt werden, die Mitte 2019 bei der zuständigen Abteilung im Landratsamt München zur Einleitung formaler Verfahren führten. Die Gemeinde Pullach wurde im Rahmen dieser Verfahren beteiligt und um Abgabe von Stellungnahmen zum gemeindlichen Einvernehmen nach § 36 BauGB gebeten. Da für die Vorhaben Befreiungen von den Festsetzungen des Bebauungsplanes erforderlich gewesen wären und die Maßnahmen auch einen anderen rechtskräftigen Bebauungsplan Nr. 23a (sog. Bio-Tech-Campus) tangierten, wollte die Gemeinde durch Neuaufstellung des Bebauungsplanes das Baurecht überarbeiten. Die Neuaufstellung des Bebauungsplanes Nr. 23b „Industriegebiet Dr.-Gustav-Adolph-Straße“ greift das seit dem Jahr 1995 bestehende und zulässige Baurecht auf, bedeutet für das Unternehmen aber keine zusätzliche Baurechtsmehrung.

Zusätzlich zur Neuaufstellung des Bebauungsplanes wird formal der Flächennutzungsplan im Parallelverfahren geändert.

Die städtebaulichen Zielstellungen der Neuaufstellung des Bebauungsplanes Nr. 23b und der Änderung des Flächennutzungsplanes finden sich in den öffentlich zugänglichen Unterlagen:

Bei den im Internet seit dem 22.10.2020 verfügbaren Informationen (siehe Downloads unter den oben genannten Links) finden sich alle im Verfahrensschritt der Frühzeitigen Beteiligung der Öffentlichkeit und der Behörden/TÖB (§ 3 Abs. 1 und § 4 Abs. 1 BauGB) ausgelegten Unterlagen (Entwürfe B-Plan, Begründung mit Umweltbericht und weitergehende natur- und artenschutzrechtliche Informationen).

Bei der Intention des Bauleitplanverfahrens handelt es sich, wie auch die städtebaulichen Zielstellungen zeigen, um mehr, als nur um die Errichtung eines Logistiklagers. Zum Beispiel werden darin auch Regelungen in Hinblick auf Natur- und Artenschutz festgesetzt.

Unabhängig von den Umbauplanungen von United Initiators konnte die Gemeinde Pullach i. Isartal zu den sich bereits in ihrem Eigentum stehenden Waldflächen im Jahr 2019 weitere rund 55 Hektar Hang- und Schluchtwald ankaufen. Mit diesem Hinweis wollen wir zum Ausdruck bringen, dass der Gemeinde Pullach i. Isartal der Schutz von Wald und somit Natur- und Erholungsraum ein großes Anliegen ist. Der Gemeindewald erfüllt gemäß Waldfunktionsplanung besondere Funktionen für den Bodenschutz, den lokalen Klima-, Immissions- und Lärmschutz, das ortsbildprägende Landschaftsbild und gilt als Erholungswald. Ziel ist es, dass im Gemeindewald ein Naturwaldreservat, als integraler Bestandteil des Klimaschutzkonzeptes, eingerichtet wird. Hierzu hat der Gemeinderat aktuell am 19.01.2021 die Einleitung des erforderlichen Antragsverfahrens beschlossen. Teile dieses Waldes liegen nahe dem Werk des Unternehmens United Initiators.

„Einlagerung und Versand der chemischen Gefahrgutstoffe von Produktionsstätten verschiedener Standorte (…)“

Hierbei handelt es sich zunächst um werksinterne Sachverhalte des Unternehmens United Initiators.

Es ist unstrittig, dass es in der Vergangenheit auch zu Vorfällen im Werk gekommen ist, die Erinnerungen, Befürchtungen und Ängste bei den Bürgerinnen und Bürgern wecken. Dies kommt in Briefen zur (leider coronabedingt abgesagten) Bürgerversammlung 2020, in Stellungnahmen örtlicher Akteure (wie der Agenda 21 Pullach), in E-Mails und Stellungnahmen zu den Bauleitplanverfahren zum Ausdruck.

Wichtig ist hier, dass die für den Immissionsschutz zuständigen Behörden das Chemiewerk und bauliche Erweiterungen, Änderungen in der Produktion etc. überwachen. Das Werk unterliegt strikten Auflagen und ist gesetzlich gehalten, entsprechende TÜV-Gutachten regelmäßig zu erstellen und fortzuschreiben. Diese unterliegen wieder der Kontrolle der übergeordneten Behörden.

Die Gemeinde Pullach ist dafür nicht zuständig. Aber sie kann im Rahmen der kommunalen Planungshoheit den bauplanungsrechtlichen Rahmen in Form von Bebauungsplänen setzen. Mit Einwendungen gegen die Planung muss sich die Gemeinde im Zuge der Abwägung zu den einzeln im BauGB vorgegebenen Verfahrensschritten und vor Satzungsbeschluss auseinandersetzen. Und genau das passiert zur Zeit.

Die monierte Einlagerung und der Versand von Gefahrgutstoffen wurde weder im bisher gültigen Bebauungsplan, noch im Entwurf zur Neuaufstellung des Bebauungsplanes vom Gemeinderat in Frage gestellt.

„Ausbau der Lagerstätten von chemischen Gefahrgutstoffen von aktuell gelagerten 1.000 Tonnen auf 1.600 Tonnen – möglichen 3.340 Tonnen“

Es ist richtig – und hierüber wurde auch der Gemeinderat in öffentlichen Gremiensitzungen informiert –  dass ein Ausbau der Lagerkapazität auf 1.600 Tonnen erfolgen soll. Die Behauptung, dass eine Erweiterung auf 3.340 Tonnen möglich ist, entspricht jedoch nicht den Tatsachen und kann als „Schreckgespenst“ gesehen werden. Die Werksleitung hat mehrfach ausgeführt, dass zwischen genehmigter und realer Lagermenge zu unterscheiden ist. Entsprechende Informationen wurden Fragestellenden entweder direkt oder im Isar-Anzeiger (als Reaktion auf Leserbriefe) gegeben und sind auf der Informationsseite des Unternehmens United Initiators u.a. unter FAQ verfügbar.

„An- und Ablieferverkehr über die Straße und Schiene durch Wohngebiete in München, Grünwald, Baierbrunn und Pullach“

Es ist richtig, dass der An- und Ablieferverkehr über Straße und Schiene erfolgt. Es ist jedoch falsch, dass die Gemeinden Baierbrunn und Grünwald und die Ortsbereiche von Pullach (außer der Umgehung durch die B11) durch Gefahrgutverkehre tangiert sind. Der Transport auf der Straße erfolgt ausschließlich über die Bundesstraße B11 Richtung Norden zum mittleren Ring nach München. Gefahrgüter werden nicht durch Baierbrunn, Grünwald oder durch Ortsstraßen in Pullach transportiert. Das Schienennetz, auf dem nur ein kleiner Teil der Güter angeliefert wird, ist gegeben und alternative schienengebundene Routen bestehen nicht.

„Abholzung von ca. 15.000 m² Waldfläche im Landschaftsschutzgebiet“

Die Behauptung „Abholzung (…) im Landschaftsschutzgebiet“ ist falsch. Das Baurecht im seit 1995 rechtskräftigen Bebauungsplan Nr. 23 setzt eine Industriebaufläche (GI 13 und GI 17) fest. Landschaftsschutzgebiete wurden und werden auch durch Bebauungspläne nicht tangiert.

Es ist richtig, dass die ca. 15.000 m² Wald in dem als Industriebaufläche festgesetzten Bereich gerodet werden. Es sind aber auch in Bebauungsplanentwurf 23b – wie auch im seit 1995 rechtskräftigen Bebauungsplan Nr. 23 – entsprechende naturschutzrechtliche und waldwirtschaftliche Ersatzmaßnahmen vorgesehen. Umfassende Informationen hierzu finden sich in den seit dem 22.10.2020 online verfügbaren Unterlagen zu den Frühzeitigen Beteiligungsverfahren (hier: Begründung mit Umweltbericht).

„Zerstörung Lebensraum streng geschützter Arten – Haselmaus sowie Zauneidechse, Fledermäuse und Vogelarten“

Bereits vor Einleitung des Bebauungsplanverfahrens Nr. 23b fanden sogenannte Scoping-Termine mit Fachbehörden u.a. zum Natur- und Artenschutz statt. Hier gab es Abstimmungen mit der Unteren Naturschutzbehörde im Landratsamt München und dem Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Ebersberg (AELF). In den Unterlagen zum Bebauungsplanverfahren findet sich z.B. eine spezielle artenschutzrechtliche Prüfung (saP), die den Eingriff in die Fauna und Flora aufgreift und bewertet.

Im Ergebnis kann der Artenschutz erfüllt werden. Für die Haselmaus bedeutet dies, dass die Population nicht zerstört, sondern artgerecht in unmittelbar angrenzende Waldbereiche vergrämt (sprich umgesiedelt) wird. Der Lebensraum für die Haselmaus bleibt somit erhalten. Bei geschützten Arten wie Fledermaus und Zauneidechse kommt die saP zu einem ähnlichen Ergebnis.

„Bestehende Baugenehmigungen von 1995 – dieses Baurecht ist lt. BayBO erloschen“

Hier ist offenbar der seit dem Jahr 1995 rechtskräftige Bebauungsplan Nr. 23 gemeint. Die Behauptung entspricht nicht der Wahrheit, da es sich um Baurecht, nicht um eine Baugenehmigung handelt. Baurecht in einem Bebauungsplan, entgegen einer Baugenehmigung nach Bayerischer Bauordnung (BayBO), kennt kein Verfallsdatum. Das gesatzte Baurecht in den Bereichen GI 13 und GI 17 ist somit seit 1995 rechtskräftig festgesetzt und gültig.

„Hier wird ein Waldstück im Landschaftsschutzgebiet nach Rodung in ein Industriegebiet umgewandelt“

Wie bereits weiter oben erläutert liegt die zu rodende Fläche nicht in einem Landschaftsschutzgebiet und wird auch nicht in ein Industriegebiet umgewandelt, sondern ist bereits seit 1995 als Industriebaufläche festgesetzt.

„Störfallbetrieb mit extremer Gefahrenlage“

Dass es sich um einen Betrieb der chemischen Industrie handelt, ist unstrittig. Dies umfasst auch, dass sich in der Vergangenheit leider markante Vorfälle (Brände etc.) ereignet haben. Zum Störfallbetrieb wird das Werk aber allein aufgrund der Zuordnung zum Immissionsschutzrecht. Wir verweisen hier wieder auf die Zuständigkeiten übergeordneter Behörden sowie der gesetzlichen Selbstkontrolle des Unternehmens in Zusammenarbeit mit den Aufsichtsbehörden. Zu den im Werk vorhandenen Sicherheitsmaßnahmen äußerte sich United Initiators mehrfach öffentlich (siehe FAQ).

„Abholzung von 15.000 m² Waldfläche und Flächenversieglung von 20.000 m²“

Die Behauptung ist irreführend. Es besteht bereits seit 1995 Baurecht. Ansonsten finden im Saldo keine Flächenmehrungen für das Unternehmen statt. Anzumerken ist, dass sich die Gemeinde Pullach eine Fläche für einen zukünftigen Wertstoffhof sichern konnte. Die Zahlen hierzu finden sich in der Präsentation der Gemeindeverwaltung zur (coronabedingt abgesagten) Bürgerversammlung (siehe Seite 31 ff.).