Was vor 40 Jahren als kleine Initiative engagierter Pullacherinnen begann, hat sich zu einer festen Institution im sozialen Leben der Gemeinde entwickelt: die Nachbarschaftshilfe Pullach e. V.
Gegründet 1985 von Gemeinderätin Renate Seidel sowie Irene Frisch, Maria Schröder, Edith Bienengräber, Ingrid Wahle und Helga Junge entstand die Organisation aus einem Mangel an Verkehrsmitteln für ältere und mobilitätseingeschränkte Menschen. Der Grundgedanke von damals hat sich bis heute nicht geändert: schnell und unbürokratisch zu helfen und hilfsbedürftige Menschen in Pullach im Alltag zu unterstützen.
Besonders Irene Frisch hat die Nachbarschaftshilfe über Jahrzehnte hinweg geprägt. Seit 2011, als sich die meisten Mitgründerinnen altersbedingt zurückzogen, managte sie mit der nicht weniger engagierten und guten Freundin Monika Stiegler sämtliche Aufgaben. Ob Fahrdienste, Einkäufe oder Unterstützung bei Anträgen – Irene Frisch war an sieben Tagen der Woche für ihre Pullacherinnen und Pullacher da, wobei sie auch immer tatkräftig von ihrem Mann Otmar unterstützt wurde. Ihr unermüdlicher Einsatz wurde mehrfach gewürdigt: 2011 bekam sie die goldene Ehrennadel der Gemeinde verliehen, für besondere Verdienste um soziale Belange die Ehrung des Landkreises im Jahr 2002 und 2015, und 2023 wurde sie von Markus Söder mit dem Ehrenzeichen des Bayerischen Ministerpräsidenten für Verdienste im Ehrenamt ausgezeichnet.
Das Jahr 2024 war nun ein bedeutender Wendepunkt: Die Nachbarschaftshilfe Pullach wurde im März 2024 in einen gemeinnützigen Verein überführt. In diesem Zuge fand eine Staffelübergabe statt – Irene Frisch trat etwas kürzer und übergab die Organisation an eine neue Generation engagierter Helferinnen und Helfer. Seit Dezember 2024 gibt es frischen Wind im Team mit den beiden Hauptamtlichen Alessandra Dürler und Sophie Heppner. Zusammen mit dem 1. Vorsitzenden Uwe Papenfuss haben wir über ihre Arbeit, Herausforderungen und Wünsche für die Zukunft gesprochen.
Liebe Frau Dürler, liebe Frau Heppner. Schön, dass Sie jetzt mit im Team der Nachbarschaftshilfe sind. Was hat Sie beide denn dazu bewogen, diese Tätigkeit anzunehmen? Und brauchten Sie für diesen Job eine pflegerische Ausbildung?
Alessandra Dürler: Nein, wir bieten ja keine pflegerischen Dienstleistungen an. Alles, was man braucht, ist Hilfsbereitschaft! Ich glaube, für diese Arbeit braucht man das “Nachbarschaftshilfe-Gen”. Es ist wichtig, dass man das gerne macht – mit Leidenschaft. Viele der Menschen, die wir betreuen, sind sehr dankbar, und das gibt einem viel zurück.
Sophie Heppner: Sowohl Alessandra als auch ich haben persönliche Erfahrungen mit der Pflege von Angehörigen. Dadurch wissen wir genau, wie es ist, wenn man auf Hilfe angewiesen ist – das war ein großer Antrieb für uns.



Irene Frisch zum Neubeginn: „Ich bin sehr glücklich, dass die Nachbarschaftshilfe auf diese Art und Weise weitergeht – mit den zwei jungen Damen, die das haben, was ich immer sehr geschätzt habe, nämlich das Nachbarschaftshilfe-Gen.“
Was sind die Hauptziele der Nachbarschaftshilfe? Was ist Ihnen am wichtigsten?
Dürler: Unser Fokus liegt darauf, hilfsbedürftige Menschen in Pullach zu unterstützen. Aktuell betreuen wir etwa 180 Personen, die auf unsere Hilfe angewiesen sind.
180 Hilfsbedürftige sind eine ganze Menge! Gibt es unter diesen 180 auch “Stammkundinnen/Stammkunden“, die die Hilfe kontinuierlich in Anspruch nehmen?
Dürler: Ja, definitiv. Es gibt einen festen Kreis von Menschen, die unsere Unterstützung regelmäßig benötigen – oft zwei- bis dreimal pro Woche.
Geht es dabei nur um Fahrdienste oder auch um Gesellschaft? Dass eine Helferin oder ein Helfer einfach mal zur Unterhaltung auf eine Tasse Kaffee vorbeifährt, so eine Art Hausbesuch?
Dürler: In der Vergangenheit wurden Hausbesuche weniger angeboten, weil schlichtweg die Ehrenamtlichen fehlten. Aber genau das möchten wir gerne ausbauen – wir hoffen, dass sich durch diesen Artikel neue Freiwillige melden!
Und was sind die häufigsten Hilfeleistungen, die täglich bei Ihnen angefragt werden?
Heppner: Fahrten zum Arzt, zum Einkaufen oder zu anderen Terminen. Dann Besorgungsfahrten wie Einkäufe oder Erledigungen, bei denen die Helferinnen und Helfer allein unterwegs sind, und eher selten, aber auch ab und zu Hausbesuche, soweit das unsere Kapazitäten zulassen.
Gibt es Pläne, den Service auch am Wochenende anzubieten? Denn da wird ja wahrscheinlich auch oft Hilfe gebraucht?
Uwe Papenfuss: Leider nicht, weil uns schlichtweg die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer fehlen. Früher war Irene Frisch rund um die Uhr erreichbar – das war ihr persönlicher Anspruch, sie nannte es das “Nachbarschaftshilfe-Gen”. Doch so ein Modell lässt sich heute nicht mehr realisieren, schon allein aus arbeitsrechtlichen Gründen.
Dürler: Aber wenn es wirklich dringend ist, hören wir die Anrufe auf dem Anrufbeantworter ab und rufen zurück – natürlich nur in Notfällen.
Ich nehme an, dass Sie den ganz Tag über viel zu tun haben, aber gibt es bei Ihnen auch gewisse Stoßzeiten, wo am meisten los ist?
Dürler: Ja, vormittags – da kommen die meisten Anfragen. Obwohl unsere offiziellen Sprechzeiten von 9 bis 12 Uhr sind, sind wir oft auch darüber hinaus erreichbar. Wir springen sogar manchmal selbst ein, wenn Not am Mann oder der Frau ist.
Und wenn man als Ehrenamtliche*r bei Ihnen anfängt, braucht man da eine gewisse Schulung oder kann einfach jeder mitmachen?
Dürler: Nein, eine spezielle Ausbildung ist nicht erforderlich. Wir lernen die neuen Helferinnen und Helfer vorher kennen und schauen, ob es passt. Aber im Grunde kann jeder und jede mitmachen, der oder die helfen möchte. Ehrenamtliche Helferinnen und Helfer dürfen auch von außerhalb kommen. Ein Auto ist praktisch, aber keine Pflicht – viele erledigen kleinere Besorgungen auch mit dem Fahrrad oder zu Fuß.
Wie haben Sie bislang neue Ehrenamtliche rekrutiert? Haben Sie Inserate aufgegeben?
Papenfuss: Nein, bisher haben wir uns darauf verlassen, dass sich Interessierte bei uns melden. Wir haben Flyer ausgelegt, auch im Rathaus. Aber wir brauchen dringend mehr Helferinnen und Helfer!
Und wie viele Helferinnen und Helfer bräuchten Sie idealerweise?
Papenfuss: Zurzeit haben wir etwa 50 Ehrenamtliche, aber nur rund 25 sind regelmäßig im Einsatz. Die meisten helfen zwischen zwei- und viermal im Monat. Wenn wir mehr Helfende hätten, würde das die Belastung auf mehrere Schultern verteilen.
Wir hoffen, dass viele Pullacherinnen und Pullacher diesen Artikel lesen und sich bei Ihnen melden! Was wäre Ihr Wunsch für die Zukunft? Und was war bis jetzt der größte Erfolg seit der Vereinsgründung?
Papenfuss: Dass alles weiterhin so reibungslos läuft wie bisher. Die Nachbarschaftshilfe ist erfolgreich in den Verein überführt worden – das ist der größte Erfolg für mich. Und wenn Irene Frisch sagt: „Ich bin glücklich, so wie es jetzt ist“, dann haben wir drei alles richtig gemacht.
Dann gratulieren wir herzlich. Vielen Dank für das Gespräch!
Nach dem gelungenen Neustart wünsche ich dem Team der Nachbarschaftshilfe alles Gute für die weitere Zukunft und bedanke mich bei allen Beteiligten für das große Engagement. Abschließend noch ein kleiner Hinweis: Mit dem geplanten Bürgertaxi werden wir demnächst ein zusätzliches Angebot für Seniorinnen und Senioren sowie mobilitätseingeschränkte Menschen in Pullach einführen. Wir werden in den nächsten Wochen ausführlich dazu informieren.
Es grüßt Sie herzlich
Ihre Susanna Tausendfreund
Erste Bürgermeisterin
Wenn Sie Unterstützung der Nachbarschaftshilfe brauchen oder sich ehrenamtlich engagieren möchten, kontaktieren Sie gerne Alessandra Dürler oder Sophie Heppner unter der Telefonnummer 089/120 926 96 oder per E-Mail an info@nbh-pullach.de. Die beiden freuen sich von Ihnen zu hören. Alle weiteren Information finden Sie auch auf der Website der Nachbarschaftshilfe: www.nbh-pullach.de
Fotos: Gemeinde Pullach
04.02.2025