Bürgerbrief: Bauleitplanverfahren Nr. 23b – United Initiators

Das Pullacher Chemieunternehmen United Initiators will unter anderem wegen begrenzter Lagerkapazitäten unter dem Projektnamen „Big Wings“ die Logistikabläufe zum und auf dem Betriebsgelände verbessern, Lagerkapazitäten erhöhen und Versand und Umschlag modernisieren. Die Produkte könnten dann laut United Initiators bis zur Auslieferung an den Kunden am Produktionsstandort Pullach gelagert werden, anstatt zur Zwischenlagerung an andere Orte transportiert und dann zurückgeholt zu werden. Am 28. Juni hat der Gemeinderat in öffentlicher Sitzung die Fortsetzung des Verfahrens für die Bauleitplanung beschlossen, das nicht nur das Logistikkonzept umfasst, sondern den Rahmen für die zukünftige Entwicklung auf dem gesamten Firmengelände vorgibt. Am 19. Juli wird die nächste Phase, die „öffentliche Auslegung“, starten. Wir werden dazu mit einer Bekanntmachung informieren.

United Initiators hat „Big Wings“ erstmals Ende 2017 im Rathaus vorgestellt. Bereits damals waren sich Verwaltung und Gemeinderat einig, dass die Planungen des Projekts durch die bestehenden Bebauungspläne nicht abgedeckt sind. Für mehrere Bauanträge des Unternehmens im Jahr 2019 beim Landratsamt München wurde folglich das gemeindliche Einvernehmen verweigert. Stattdessen wurde das Verfahren für einen neuen Bebauungsplan eingeleitet.

Die Zielsetzung von Verwaltung und Gemeinderat in diesem Prozess war zu jedem Zeitpunkt, die Prozesse des Umbaus zum Wohl unserer Bürgerinnen und Bürger und des Ortes mitzugestalten, statt einfach die Anträge des Unternehmens durchzuwinken, was auch möglich gewesen wäre. Von Anfang an wurde die Ausübung der gemeindlichen Planungshoheit daran gebunden, dass

  • über das bisherige Baurecht hinausgehende Baurechtsmehrungen nicht erfolgen,
  • Eingriffe in Natur und Wald auszugleichen sind,
  • der Isartaler-Tisch in einem neuen Gebäude in größeren Räumen auf dem Gelände von United Initiators verbleiben kann,
  • die wegfallenden Werkswohnungen durch neue Wohnungen ersetzt werden,
  • der Lagerplatz für die Geothermiegesellschaft IEP mittelfristig erhalten bleibt
  • und dass der Gemeinde künftig ein Grundstück für einen Wertstoffhof zur Verfügung steht.

Außerdem wird ein städtebaulicher Vertrag ausgearbeitet, in dem u. a. klimaschutzrelevante Fragen, wie die Energieversorgung mit Wärme und Kälte aus Erneuerbaren Energien geregelt werden. In diesem Vertrag sollen auch Vorgaben der Gemeinde festgehalten werden, die ein Bebauungsplan nicht regeln kann.

Einige Bürgerinnen und Bürger befürchten auf der Basis kursierender Fehlinformationen unter anderem eine Baurechtsmehrung für United Initiators mit diversen negativen Konsequenzen. Das ist nicht der Fall. Dennoch nehme ich Bedenken der Mitbürgerinnen und Mitbürger sehr ernst. Offenbar bestehen noch Informationslücken über den Ablauf des Bauleitplanverfahrens und die Bedingungen, die die Gemeinde an das Verfahren und das Unternehmen stellt. Das lag sicherlich auch an den erschwerten Rahmenbedingungen durch die Corona-Pandemie, die unter anderem die Absage unserer Bürgerversammlung im Herbst 2020 zur Folge hatte. Dort sollte das Projekt mit Schwerpunkt behandelt werden.

So ist Raum für Verunsicherung und Ängste entstanden. Zunächst eine Bürgerinitiative aus Baierbrunn und seit kurzem eine Unterschriftensammlung für ein Bürgerbegehren, das einen „Expansions-Stopp der Chemiefirma Peroxid / United Initiators Pullach“ zum Ziel hat, haben diesen Raum gefüllt. Die Bürgerinitiative und zumindest in Teilen auch das Bürgerbegehren bedienen sich mehrfach widerlegter falscher Behauptungen. Weitere Aussagen des Bürgerbegehrens befinden sich derzeit noch in Prüfung. Fest steht, dass zumindest mit einigen der darin getroffenen Aussagen Bürgerinnen und Bürger in die Irre geführt werden, um ihre Unterschriften zu erhalten. An dieser Stelle sei die Frage erlaubt, ob hier eher persönliche Interessen als ernsthafte Sorgen im Vordergrund stehen? Natürlich bleiben diese falschen Informationen als diverse Schreckgespenster hängen. Denn das Projekt ist äußerst komplex. Für die meisten Bürgerinnen und Bürger ist es schon allein aus zeitlichen Gründen gar nicht so einfach, sich im Detail einzuarbeiten.

Ich verstehe also sehr gut, wenn Sie als Bürgerin oder Bürger besorgt sind, nach allem, was es zu dem Verfahren in den Medien zu lesen gab. Daher werden wir jetzt, wo es die Pandemielage zum Glück wieder zulässt, zu einer Informationsveranstaltung einladen. Sie soll während der Phase der öffentlichen Auslegung stattfinden: am 28. Juli ab 19 Uhr im Bürgerhaus. Details zur Veranstaltung geben wir rechtzeitig bekannt.

Überraschend war, dass in der Gemeinderatssitzung am 28. Juni die Abstimmung zur Fortsetzung des Verfahrens nun zum ersten Mal in eineinhalb Jahren nicht einstimmig ausfiel. Obwohl sich an der Faktenlage des Projekts nur kleine Details verändert haben, wollten CSU, FDP und Teile der WIP-Fraktion plötzlich eine Unterbrechung des Verfahrens und das obwohl jetzt, im Rahmen der öffentlichen Auslegung, ohnehin erneut Anregungen und Bedenken eingereicht werden können. Der große Unterschied zwischen zurecht verunsicherten Bürgerinnen und Bürgern und unserem Gemeinderat liegt darin, dass dieser sich seit eineinhalb Jahren intensiv mit der Materie beschäftigt und das Projekt bis ins Detail begleitet, durchleuchtet und mitgestaltet. Jede und jeder im Gremium weiß bestens Bescheid über die Fakten und über in den Raum gestellte Falschinformationen, über das was innerhalb eines Bauleitplanverfahrens geregelt werden kann – und was nicht. Und doch kam es plötzlich zu einer Kehrtwende in der Abstimmung. Meine Verwaltung und ich, wir wollen keinen Stillstand. Auch der Großteil des Gemeinderats will keinen Stillstand. Nicht bei diesem Verfahren und nicht bei den vielen anderen großen und kleineren Projekten der Gemeinde. Gerade bei unseren eigenen Projekten wollen wir etwas voranbringen für Pullach. Den Stillstand hingegen, den wollen bekanntlich oft genau diejenigen erzeugen, die ihn in der Retrospektive dann beklagen und für ihre eigene Argumentation nutzen.

Es grüßt Sie herzlich
Ihre Susanna Tausendfreund
Erste Bürgermeisterin

06.07.2021