Helden in Orange

Pullach steht sehr gut da, was die Straßenverhältnisse im Winter betrifft. Das haben wir den äußerst engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Bauhofs zu verdanken, die teilweise seit mehr als 40 Wintern für sichere Straßen in unserem Ort sorgen. Um Ihnen einen Einblick in ihren Arbeitsalltag zu geben, haben wir eine vierteilige Serie über einige unserer „Helden in Orange“ verfasst. Lesen Sie jetzt alle vier Teile in diesem Beitrag:

Teil 1

Los geht‘s mit Hermann Popp, der Fahrzeuge für die Dringlichkeitsstufen fährt und seit 33 Jahren Winterdienst in Pullach macht, wünscht sich, dass mehr miteinander, statt gegeneinander gearbeitet wird: „Viele Pullacherinnen und Pullacher nehmen es mit dem Räumen der Gehwege zu genau. Sie wollen den ganzen Gehweg vor ihrem Grundstück freiräumen und schmeißen den Schnee dann auf die Straße. Das ist aber laut § 32 der Straßenverkehrsordnung verboten und auch überhaupt nicht zielführend. Denn der Schnee wird dann ja wieder zurückgeschoben. Und wenn es keinen Wall am Randstein gibt, purzelt er am Ende erst recht wieder auf den Gehweg oder in die Einfahrt.“ Die Straße hat immer Priorität, so will es das Gesetz. Auf den Gehwegen reicht ein rund 1 Meter breiter geräumter Streifen. Der Schnee soll möglichst am Randstein zu einem Wall gestapelt werden. Auf diese Art und Wiese kommen sich die Grundstücksbesitzer und Winterdienstler am wenigsten in die Quere und können stattdessen gemeinsam in die Höhe bauen. Eine weitere Bitte hat Hermann Popp noch: „Niemals ein Räum- oder Streufahrzeug überholen. Für Radfahrerinnen und Radfaher ist das lebensgefährlich. Wer wegen der Glätte stürzt und unter den Pflug gerät, hat keine Chance. Diese Geräte sind groß und schwerfällig, der Bremsweg ist bei Glätte lang. So schnell können wir gar nicht reagieren, um da noch das Schlimmste abzuwenden. Auch Autos sollten unbedingt die Geduld aufbringen, mit gehörigem Abstand hinter dem Räumfahrzeug zu bleiben. Wie oft wurden wir schon überholt, um den Überholenden danach aus dem Graben zu fischen… Außerdem freuen wir uns wahnsinnig, wenn man auch mal einen Meter zurücksetzt, um uns vorbei zu lassen. Wir sind mit den großen Fahrzeugen in unserer Wendigkeit deutlich eingeschränkt und können nicht zurückfahren, um ein Auto oder Rad vorbei zu lassen. Ein bisschen mehr Verständnis und Rücksichtnahme würde unsere Arbeit immens erleichtern.“

Foto: Sylvia Schwaab

Teil 2

Noch länger dabei als Hermann Popp, den wir in Teil 1 der Serie vorgestellt haben, ist Reinhard „Nanti“ Wirkert. Seit 1978 macht er Winterdienst in Pullach. Sein Einsatzgebiet ist Großhesselohe, er fährt Wagen 6. Fragt man ihn, wie sich der Winterdienst in den letzten 43 Jahren verändert hat, dann fällt ihm als Erstes ein: „Heutzutage lässt einen keiner mehr rein. Oft stehe ich zehn Minuten lang an der Kreuzung und die Autos und Räder sausen nur so an mir vorbei. Dabei wäre es ja wichtig, dass ich möglichst schnell die Straßen weiter räumen und damit sichern kann. Der Zusammenhalt war früher besser.“ In seinen Augen ist die Arbeitszeitbeschränkung auf zehn Stunden ein Teil des Problems. Vor der Beschränkung ist er oft schon früher gefahren, da sind die Straßen noch leer und er kann räumen, ohne den fließenden Verkehr zu stören. Heute wird er später gerufen, damit er danach länger zur Verfügung steht. Dann „stört“ er leider den Berufsverkehr und das bekommt er deutlich zu spüren. „Besonders Radfahrerinnen und Radfahrer erschweren die Arbeit enorm. Mit dem großen Gefährt muss ich mich unheimlich vorsichtig an Kreuzungen herantasten, damit mir keiner unter dem Pflug klebt. Gerade die E-Bikes sind ja auch noch schneller und heutzutage wird auch bei spiegelglatten Straßen das Rad genutzt ohne an Tempo zu sparen. Die wissen gar nicht, wie gefährlich das ist, was sie da machen.“ Außerdem kämpft er häufig mit Ansprüchen von Bürgerinnen und Bürgern, denen er gar nicht gerecht werden kann. „Jeder will, dass es vor seinem Grundstück möglichst sauber ist, ich soll den Schnee doch beim Nachbarn abladen. Aber der Schnee lässt sich ja nicht beliebig weit wegschieben. Er purzelt dann nach und nach seitlich wieder runter, in Kurven sowieso. Bloß will das niemand hören.“ Reinhard Wirkert hat aber einen guten Tipp: Den Schnee immer in Fahrtrichtung links neben die Einfahrt räumen, dann kann die Maschine ihn eventuell mit aufnahmen. Schiebt man ihn hingegen nach rechts, schiebt die Räummaschine ihn unweigerlich wieder vor die Ausfahrt – das lässt sich überhaupt nicht vermeiden. Die Straße muss eben Priorität vor privaten Einfahrten haben. Mit Ende dieses Winters ist für Reinhard Wirkert, der eigentlich schon in Pension ist, nach 43 Jahren Schluss mit dem Winterdienst. Für seinen Einsatz danken wir ihm sehr!

Foto: Sylvia Schwaab

Teil 3

In den ersten beiden Teilen der Serie haben wir zwei alteingesessene Winterdienstmitarbeiter vorgestellt. Heute geht es um Martin Scherzer, der erst den zweiten Winter zum Team gehört. Martin Scherzer räumt und streut mit der Hand. Während die Kollegen auf den Fahrzeugen primär für die Sicherheit der motorisierten Verkehrsteilnehmer auf unseren Straßen zuständig sind, sorgt er dafür, dass wir im Winter in Pullach sicher zu Fuß unterwegs sind. Er ist verantwortlich für Route 18, die viele Kreuzungen, Bushaltestellen, Treppen und kleine Wege umfasst. Überall da, wo die Räumfahrzeuge nicht hinkommen oder störende Schneehaufen bei Fußübergängen hinterlassen, räumt er per Hand nach. Je nasser und damit schwerer der Schnee, desto schweißtreibender ist die Arbeit. Gerade bei hohen Treppen geht die Arbeit dann ganz schön aufs Kreuz. Als Handräumer bekommt er dafür regelmäßig Dank von den Bürgerinnen und Bürgern ausgesprochen. „Ich würde mir wünschen, dass auch den Kollegen in den Fahrzeugen mehr Respekt entgegengebracht wird. Die müssen noch früher raus und trotzdem äußerst konzentriert arbeiten. Das ist wirklich kein einfacher Job!“ Er selber ist glücklich, im Freien arbeiten zu können. Direkt das Ergebnis seiner Arbeit zu sehen und zu wissen, dass er etwas Wichtiges tut, indem er die Sicherheit der Fußgängerinnen und Fußgänger gewährleistet, erfüllt ihn. Eine Sache jedoch bereitet ihm Kopfzerbrechen. Der zunehmende Radverkehr, vor allem besonders schnell mit dem E-Bike, führt im Zusammenhang mit dem Winterdienst immer wieder zu brenzligen Situationen. Beim Räumen mit dicker Mütze über den Ohren sind herannahende Räder absolut nicht zu hören. Einige fahren äußerst schnell und nah hinter ihm vorbei. Wenn er sich mit seiner Schaufel im falschen Moment umdreht, dann können schwere Unfälle entstehen – vor allem für die Radfahrenden. Seine Bitte an alle Winter-Radlerinnen und -Radler lautet deshalb: „Fahren Sie langsam, wenn Sie sich dem Räumdienst nähern und halten Sie Abstand, zugunsten Ihrer eigenen Sicherheit! Wir können Sie nicht rechtzeitig hören.“

Foto: Sylvia Schwaab

Teil 4

Christian Scanu ist der vierte und letzte Winterdienstler in unserer Serie. Mit den bereits vorgestellten drei Kollegen steht er stellvertretend für die insgesamt rund 15-köpfige Winterdienst-Truppe. Angefangen hatte Christian Scanu als Handräumer, ist aber froh, dass er in seinem zweiten Winter auf ein Räumfahrzeug umsteigen konnte. Zwar muss er so im Schnitt nochmal etwa eine Stunde früher aufstehen, dafür kommt er weiter rum und sieht mehr. Seine Route umfasst unter anderem den Höllerer Berg – und der kann es je nach Wetterlage ganz schön in sich haben. Wenn es zu glatt ist bzw. der Schnee schnell zu hoch geworden ist, dann ist große Vorsicht geboten beim Hochfahren. Die Maschinen sind so schwer, dass sie auch leicht ins Rutschen geraten können. Wenn man das erst auf der Hälfte vom Berg merkt, wird’s ganz schön brenzlig. Hier ist also wirklich Fingerspitzengefühl gefragt, wie auch in so manch enger Parklücke: „Oft ist es wirklich eng und hochkonzentrierte Maßarbeit ist gefragt. Dabei unterschätzen die Bürgerinnen und Bürger oft die Schwerfälligkeit der Räumfahrzeuge. Wir sind alles andere als wendig und der Bremsweg ist bei Glätte auch ziemlich lang. Sich eng an uns vorbeizudrängeln ist lebensgefährlich. Ich bitte alle, unbedingt Abstand zu halten und den nötigen Respekt vor diesen Maschinen zu haben.“ Dass er regelmäßig unfreundlich behandelt wird, weil er nicht alle Wünsche erfüllen kann, findet Cristian Scanu schade. „Wir ärgern niemanden mit Absicht, sondern versuchen unter schweren Bedingungen möglichst gut unseren Job zu machen. Dabei müssen wir auf sehr viel achten. Dass manchmal eine Einfahrt wieder zugeräumt wird, lässt sich überhaupt nicht verhindern. Es wäre schön, wenn das mehr Menschen erkennen würden.“