Rede 70 Jahre Wohnbau Pullach

70 Jahre Wohnbau Pullach: Das ist ein Grund zum Feiern. Streng genommen ist es schon der 70 ½-ste Geburtstag. Ein bisschen krumm darf es ja auch sein. Ich freue ich mich, dass Sie heute gekommen sind, um dieses Jubiläum gemeinsam zu begehen, einen schönen Abend miteinander zu haben. Als Erste Bürgermeisterin und Vorsitzende des Aufsichtsrates der Wohnbau Pullach habe ich die Ehre, die Begrüßung zu übernehmen und die Geschichte der Wohnungsbaugesellschaft Revue passieren zu lassen.

Träger der Wohnbau Pullach sind ihre Gesellschafter. Ich begrüße deshalb sehr herzlich unsere Gesellschaftervertreter: Frau Fünfzig und Herrn Eckloff von der Firma United Initiators, Herrn Peter Schröder, Herrn Burges von der Firma Hermes Arzneimittel GmbH und Herrn Dr. Högenauer von der Linde AG.

Herr Schröder, Herr Burges, auch Mitglied des Gemeinderates, und Herr Dr. Högenauer sind gleichzeitig Mitglieder im Aufsichtsrat, zusammen mit den weiteren Aufsichtsräten: Herrn Ptacek, Mitglied des Gemeinderates, und Herrn Stengel als Mietervertreter sowie Herrn Dr. Hallermann von der Linde AG, der bis vor kurzem Mitglied im Aufsichtsrat war. Ihnen allen ein herzliches Grüß Gott!

Erinnern möchte ich an unser langjähriges Gemeinderatsmitglied Dr. Walter Mayer, der ebenfalls Mitglied im Aufsichtsrat war, aber leider vor wenigen Wochen verstorben ist. Herr Dr. Mayer hat sich stets mit großem persönlichem Engagement für die Wohnungsbaugesellschaft eingesetzt – daran werden wir uns immer erinnern.

Des Weiteren sehr herzlich begrüßen darf ich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Wohnungsbaugesellschaft: Frau Unger und Frau Hailer vom Büro, die Hausmeister Herrn Poznanovic, Herrn Müller und Herrn Kühn und das nebenamtliche Hausmeisterehepaar von der Münchener Straße 9 und 9a, Herrn und Frau Kudoke.

Ein herzliches Willkommen auch den Kolleginnen und Kollegen aus dem Rathaus. Unseren Ehrenbürger Erwin Deprosse muss ich leider entschuldigen. Er und seine Frau sind selbst Mieter der Wohnungsbaugesellschaft. Namentlich begrüßen darf ich darüber hinaus den Geschäftsführer des Vereins „Leben lernen“, Träger der Integrativen Wohngruppe im Erdgeschoss des Neubaus Hans-Keis-Straße 26a, Rudi Sack, und seine Mitarbeiterin und Wohngruppenleiterin Frau Koch. Ich begrüße ich Herrn Pritschet vom Verband bayerischer Wohnungsunternehmen e.V., kurz VdW. Herr Pritschet ist Wirtschaftsprüfer und Vorstandsmitglied der VdW und wird im Anschluss zur Bedeutung von Baugenossenschaften und -gesellschaften sprechen.

Ein besonders herzliches Grüß Gott geht selbstverständlich auch an die „Hauptpersonen“ des heutigen Abends, also die Mieterinnen und Mieter, die heute bei uns sind, und die teilweise noch den Erstbezug der Wohnungen selbst erlebt haben.
Ich freue mich sehr, dass wir heute das 70. Jubiläum gemeinsam feiern!

Meine sehr geehrten Damen und Herren,
liebe Gäste,

Gegründet wurde die Wohnungsbaugesellschaft Pullach i. Isartal – damals noch als gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft – am 2. Juni 1949.

Die Gründungsväter waren: Pullachs Erster Bürgermeister Josef Breher, Wilhelm Vormbrock, Kaufmann und damaliger Zweiter Bürgermeister der Gemeinde Pullach, der Privatier und ehemalige Bankprokurist Emil Riedl: Er übernahm die Geschäftsführung im Nebenberuf, und Peter Eggendorfer, Direktor und Vorstandsmitglied der Firma Linde AG. Diese Vier gründeten damals die Wohnungsbaugesellschaft, um etwas gegen die akute Wohnungsnot nach dem Zweiten Weltkrieg zu tun. Damals zählte Pullach 5.545 Einwohner, mit steigender Tendenz.

Unterstützt wurden sie von sechs weiteren Gesellschaftern, darunter kein Geringerer als der spätere Bundeskanzler Ludwig Erhard, der 1949 in Großhesselohe lebte und damals „Direktor für Wirtschaft“ des „Vereinigten Wirtschaftsgebietes“ war.

Die Wohnsituation in Pullach war – wie nahezu überall nach dem Krieg – verheerend: Knapp zehn Prozent des Wohnraumes in der Gemeinde waren durch Fliegerangriffe zerstört. Dazu lebten 1948 allein 848 Flüchtlinge in Pullach, die zum Teil im Saal des „Rabenwirts“ untergebracht waren. An Stricken befestigte Decken und Tücher dienten als notdürftige „Trennwände“. Später folgte der Zuzug von Mitarbeitern der Industrie, was die Wohnungsnot weiter verschärfte. Eine große Zahl an Mitbürgern lebte in gemeindlichen Notunterkünften, hauste also in Baracken. Etwa beim Wasserturm oder auf dem Gelände des ehemaligen Lagers Moll. 1951 wurde in Pullach der Höchststand der wohnungssuchenden Mitbürger erreicht: 800 Personen zuzüglich ihrer Familienmitglieder hatten keine feste Bleibe.

Als erstes Projekt der neu gegründeten Wohnungsbaugesellschaft entstanden die Häuser der Vormbrocksiedlung – benannt nach dem Gründungsvater Wilhelm Vormbrock.

In einer Rekordzeit von nur zwölf Monaten wurden im ersten Bauabschnitt fünf Häuser mit insgesamt 40 Wohnungen gebaut. Ein Zeitplan, von dem wir heute nur träumen dürfen! Aber natürlich sind auch die Standards stark gestiegen. Bei den ersten Wohnungen der Vormbrock-Siedlung handelte es sich noch um sogenannte „Volkswohnungen“, die teilweise noch in Schüttbauweise errichtet wurden. Es gab Zweizimmer- und Dreizimmerwohnungen, alle zwischen 35 und 50 Quadratmeter groß. Entsprechend funktional waren die Grundrisse ausgelegt.

Auf dem Grundelberg-Areal des Freistaates waren 28.200 Quadratmeter zu einem angemessenen Preis verfügbar, doch die Gemeinde hatte damals dafür nicht genügend Kapital. Die Firma Linde AG stellte als Gesellschafter das Geld zinslos und ohne weitere Bedingungen zur Verfügung! Dank dieser Unterstützung wurden 1954 weitere 18 Wohnungen fertiggestellt. Überwiegend wurden zweigeschossige Dreispänner errichtet (ohne Dachgeschoss). Insgesamt entstanden bis 1959 128 Zweizimmer-, Dreizimmer- und Vierzimmer-Wohnungen mit einer Wohnfläche zwischen 33 bis 72 Quadratmetern.

In den 1960er-Jahren wurde die Wohnungsbaugesellschaft dann an der Hans-Keis-Straße auf Gemeindegrundstücken aktiv. In vier Bauabschnitten entstanden dort weitere 218 Wohnungen. Der damaligen Zeit entsprechend wurde etwas höher gebaut: In der Regel entstanden Häuser mit drei oder vier Geschossen.

In den 1970er-Jahren wurde Am Grundelberg nachverdichtet. Unter anderem mit großzügig ausgelegten Drei- und Vierzimmerwohnungen für Familien. Bis 1979 waren alle Wohnungen an die zentrale Warmwasserversorgung angeschlossen und verfügten über Zentralheizungen.

Erst mit der 1. grundlegenden Modernisierung 1983/84 erhielten die Wohnungen in der Vormbrocksiedlung Zentralheizungen und wurden an die zentrale Warmwasserversorgung angeschlossen.Die Nachverdichtungen in der Vormbrocksiedlung fanden zwischen 1972 und 1989 statt.

Hervorheben möchte ich noch die Errichtung der altengerechten Wohnungen in der Münchener Straße 9 im Jahr 2000 und in der Münchener Straße 9a. Das barrierefreie Wohnen ist vor allem für Senioren oder Mieterinnen und Mieter mit gesundheitlichen Einschränkungen gedacht. Die Wohnungen liegen zentral in der Ortsmitte, so sind die Wege für die Bewohnerinnen und Bewohner kurz.

Auch bei den aktuellen Projekten wird der Standard der Barrierefreiheit umgesetzt. Der Neubau an der Hans-Keis-Straße 26a ist schwellen- und barrierefrei konzipiert. Auch die Wohnungen, die derzeit von der Gemeinde in der Heilmannstraße 53/55 gebaut werden, sind selbstverständlich barrierefrei. Damit steigt die Zahl der barrierefreien Wohnungen in Pullach, für die die Wohnungsbaugesellschaft zuständig ist, auf 70 an. Alle Wohnungen der Wohnungsbaugesellschaft werden natürlich umweltfreundlich mit Geothermie geheizt.

Insgesamt verwaltet die „Wohnbau Pullach“ heute 585 Wohnungen in unserer Gemeinde. Und das mit einem sehr kleinen Team an Mitarbeitern. Da kann man nur sagen: „Chapeau“ – und vielen herzlichen Dank! Stellvertretend darf ich diesen Dank dem Geschäftsführer der Wohnungsbaugesellschaft, Herrn Mesch, aussprechen und ihm ein kleines Geschenk überreichen.

Liebe Gäste,

die Gemeinde Pullach ist stolz auf die Geschichte der Wohnungsbaugesellschaft. Mit diesem seit 70 Jahren verlässlichen Partner gelingt es uns bis heute, bezahlbaren Wohnraum in der Gemeinde zu Verfügung zu stellen. Dabei ist es mir auch besonders wichtig, dass wir Lebensqualität bieten können, gute Hausgemeinschaften exitieren und die Gärten und Freiflächen genutz werden können.

Angesichts der galoppierenden Miet- und Grundstückspreise in München und im Münchner Umland hat diese Aufgabe nichts an ihrer Aktualität und ihrer Dringlichkeit eingebüßt. Nach und nach wollen wir weitere Projekte umsetzen: Modernisierungen, aber auch Neubauten.

Ich freue mich, dass wir beim Wohnungsbau in Pullach auf 70 Jahre große Erfahrung zurückgreifen können – und wünsche der Wohnungsbaugesellschaft, ihren Mitarbeitern und Partner, und vor allem Ihnen, liebe Mieterinnen und Mieter, alles Gute für die Zukunft!

15. Januar 2020