Gedenken als Friedensauftrag

Am Volkstrauertag am 18. November erinnern wir an das Ende des Ersten Weltkrieges vor 100 Jahren. Es war ein menschenverachtender Krieg, ein grausamer Stellungskampf, ein institutionalisiertes Töten, für das erstmals Panzer und Giftgas eingesetzt wurden. Millionen Menschen verloren in diesem Krieg ihr Leben. Das Leid in Europa und darüber hinaus war grenzenlos.

Doch 2018 markiert nicht nur das Ende dieses Krieges vor 100 Jahren. Wir erinnern uns auch an die Reichspogromnacht vor 80 Jahren. In dieser Nacht gingen die Nationalsozialisten zu offener Gewalt gegen die jüdischen Mitbürger im Deutschen Reich über. Es war der Beginn einer Katastrophe: Der systematische Völkermord an den Juden bleibt in der Geschichte der Menschheit beispiellos.

Kriege aber toben bis heute. Blicken wir zum Beispiel nach Syrien, nach Afghanistan, in den Irak oder nach Libyen. Noch immer werden dort politische, wirtschaftliche, ethnische und religiöse Konflikte mit Waffengewalt ausgetragen. Noch immer scheint das Leid, das sich die Menschen gegenseitig zufügen, nicht groß genug zu sein. Ausgrenzung und Barbarei dauern fort, und sie erinnern uns an die Verpflichtung, uns – auch hier in Deutschland – für eine Welt ohne Krieg, Terror und Vertreibung einzusetzen.

Ich bin überzeugt, dass das wichtigste Mittel hierfür ist, wachsam zu sein. Hinzusehen, wenn irgendwo auf der Welt getötet, gemordet und gefoltert wird. Denn wegsehen, das können wir schon allein aus Respekt vor unseren Toten nicht, den Toten aus den beiden Weltkriegen, die eine unfassbar hohe Zahl an Opfern gefordert haben. Ich denke: Der Großteil der Deutschen hat aus der Vergangenheit gelernt. Das mag unter anderem daran liegen, dass viele unter uns dieses Elend und seine Nachwirkungen noch selbst miterleben mussten, dass wir in unseren Familiengeschichten teilweise noch selbst betroffen sind.

Doch was ist mit der jüngeren und jüngsten Generation, die Krieg im eigenen Land glücklicherweise nur aus dem Geschichtsbuch kennt? Ich würde mir wünschen, dass Gedenktage wie der Volkstrauertag, den wir am 18. November begehen, auch für sie zu einem Impuls werden, sich aktiv für den Frieden einzusetzen. Wir alle sollten das Gedenken zum Anlass nehmen, uns bewusst zu machen, welch großes Glück das Aufwachsen und Leben in einem friedlichen Land bedeutet – und dass dieses Glück nur durch gegenseitigen Respekt und Wertschätzung bewahrt werden kann. In diesem Zusammenhang gibt es bereits Überlegungen, den Volkstrauertag umzubenennen – etwa in Friedens-Besinnungstag, Friedensgedenken oder Friedensgedenktag. So ließe sich die Wirkung, die unser Gedenken entfalten soll, vielleicht noch stärker betonen.

Liebe Pullacherinnen und Pullacher, die Vergangenheit hat Wunden hinterlassen. Aber sie hat uns auch gezeigt, dass Frieden und Demokratie große Geschenke sind. Geschenke, die eine Verpflichtung enthalten. Für mich persönlich bedeutet Gedenken im Jahr 2018 deshalb zweierlei: einen Blick zurück mit Trauer und Mitgefühl für die Opfer und das Leid ihrer Angehörigen. Aber auch einen Blick nach vorn, mit dem unbedingten Willen, den Frieden in Europa zu bewahren, uns für all diejenigen einzusetzen, die von Flucht und Vertreibung betroffen sind, und weiterhin alles für eine insgesamt friedliche(re) Welt zu tun!

Ich würde mich freuen, wenn viele von Ihnen zum Volkstrauertag am 18. November zusammenkommen und diesem Auftrag durch gemeinsames Gedenken Kraft und Zuversicht verleihen.

Es grüßt Sie herzlich

Ihre Susanna Tausendfreund
Erste Bürgermeisterin

15. November 2018

 

Einladung zum Volkstrauertag

Die Pfarrer der katholischen und der evangelischen Kirchengemeinden und Bürgermeisterin Susanna Tausendfreund laden Sie herzlich ein, auch in diesem Jahr an den Feierlichkeiten zum Volkstrauertag für die Gefallenen und Opfer von Kriegen, Verfolgung und Vertreibung teilzunehmen.

Die Gottesdienste der katholischen und evangelischen Kirche finden um 10 Uhr statt. Im Anschluss daran sammeln sich die Teilnehmenden um 11 Uhr am Josef-Breher-Platz und gehen gemeinsam, begleitet von der Pullacher Blasmusik, zur Gedächtnisstätte an der Hochleite (Eintreffen gegen 11:20 Uhr). Es werden Kränze niedergelegt und mit Gebeten und kurzen Ansprachen aller Verstorbenen gedacht. Nach dem gemeinsamen Rückweg zum Kirchplatz gibt es ein Beisammensein im Sportheim.